Historisches
Wie der Regionalpark Krämer Forst das Licht der Welt erblickte
Der Regionalpark Krämer Forst aus der - von sanfter Ironie nicht ganz freien - Sicht eines Studienprojektes des Bereiches Landschaftsplanung der Technischen Universität Berlin:
Am Anfang stand ein Plan. Mächtig gewaltig? Na ja, umfangreich war er schon, der Landesentwicklungsplan für den engeren Verflechtungsraum Brandenburg-Berlin, in Fachkreisen auch LEPeV genannt. Wie der Name ankündigt, befasst er sich mit der Entwicklung Berlins und des Landes ringsumher, dass oft mit der unschönen Bezeichnung "Speckgürtel" belegt wird. Diese Bezeichnung soll Wohlstand signalisieren, aus dem Boden schießende Wohnsiedlungen, in die Fläche ausufernde Gewerbe- und Einkaufparks, pralle Gemeindesäckel, glückliche Bürgermeister.
Doch an dieser Stelle mag man ins Grübeln kommen, ob jene Wohn-, Gewerbe-, und Einkaufparks, die sich über Wiesen und Felder ergießen, außer Wohlstand denn auch Lebensqualität zu schaffen vermögen. Oder ob solch eine Landschaft um eine Großstadt (aus sich heraus) auch anderes leisten kann, als nur die Schlafstadt oder verlängerte Werkbank der Metropole abzugeben.
Den Planern, die den LEPeV schrieben, müssen diese Gedanken nicht fremd gewesen sein, denn sie haben zu all den erwähnten und noch ungenannt gebliebenen Sorten von Parks noch eine weitere ersonnen: den Regionalpark. Wirklich ersonnen haben sie ihn natürlich nicht, gab es doch Regionalparks schon, als an eine gemeinsame Planung von Brandenburg und Berlin gar nicht zu denken war - zumindest nicht wieder. Denn die Problematik anwachsender Großstädte ist um einiges älter als die Teilung Berlins.
Älter sind damit auch die mehr oder weniger erfolgreichen Strategien zur Lösung dieser Probleme. Gedacht sei nur an die Versuche des Zweckverbandes Groß-Berlin, Freiflächen im Umland seiner Mitgliedsgemeinden für die Zukunft zu sichern - Wälder zur Frischluftversorgung und Erholung, Wiesen und Felder zur Abwasserentsorgung.
In diesem Fall waren die Versuche nicht ganz ohne Erfolg - auf jeder Karte lassen sich die unförmigen grünen "Finger" erkennen, die sich aus dem Umland bis ans Zentrum der Hauptstadt vorantasten. Neben der Weitsicht des Zweckverbandes und seiner Mitglieder war es nicht zuletzt die trennende Wirkung der Mauer, die paradoxerweise größere Einschnitte in diese "Finger" verhinderte. Die grünen Schneisen blieben größtenteils unverbaut, die "Insel" Westberlin hütete ihren Anteil an dem grünen Erbe wie einen Schatz. Doch irgendwann wurde die Mauer brüchig und fiel ein, die "Schatzinsel" kehrte in die Mitte des Kontinents zurück und die Kräfte des Marktes begannen ihr Werk auf zurückgewonnenem Boden.
Was würde nun aus den grünen "Tortenstückchen" auf dem Markt der unbegrenzten Möglichkeiten? Gewerbepark? Freizeitpark? Wohnpark? Einkaufspark? Nein, Regionalpark! So wollten es Planer und Politiker und schrieben es in den LEPeV: Entlang der Achsen dürfen Siedlungen und Gewerbe sich entwickeln und stärker wachsen, dazwischen, in den Grünzügen, soll Platz sein für Frisch- und Kaltluft, Landwirtschaft, Erholung, sowie Wohnen und Arbeit für den Eigenbedarf - und dies alles aus eigener Kraft.
Einen Plan zu haben ist gut, dachten sich die Amtsdirektoren von Nauen-Land, Brieselang, Schönwalde-Glien und Oberkrämer, doch ihn umzusetzen noch viel besser. Denn eines war ihnen klar: Von der Frisch- und Kaltluft "ihres" Grünzugs allein lässt sich nicht leben, von großen Wohn- und Gewerbeparks schon eher.
Wenn diese Sorte von Parks also nicht die Sorgen der Gemeinden lösen dürfen - was soll dann ein Regionalpark bringen und vor allem: Wie? Wird er den noch mäßigen Fremdenverkehr ankurbeln, wird er die Konflikte zwischen den Nutzern des Raumes lösen, wird er die Landwirtschaft zu neuen Ehren bringen, wird er die Infrastruktur verbessern helfen, wird er mehr aus den Orten werden lassen, als Schlafzimmer und Spielwiesen der Großstadt? Kann der Regionalpark Alternativen bieten, die Aufgaben der Kommunen anders zu meistern, als die Nachbarn auf der Achse?
Mit all diesen und noch mehr Fragen und Zweifeln wandten sich die vier Amtsdirektoren an die zuständige Stelle - die frisch gebackene Gemeinsame Landesplanungsabteilung der Länder Berlin und Brandenburg in Potsdam. Die ließ sich nicht lange bitten und reagierte: Die Planungsbüros Complan und PlanGrün wurden beauftragt, eine landesplanerische Entwicklungskonzeption und ein Maßnahmenprogramm für den Regionalpark im Nordwesten Berlins - den Krämer Forst - zu erstellen. Dazu gab es Recherchen, Gespräche und Foren vor Ort, es konnten Menschen für die Idee des Regionalparks gewonnen werden.